oder: Im
Notwendigen die Einheit,
im Zweifel die Freiheit,
in allem die Liebe
(Augustinus)
Leo XIV sagte in seiner ersten Ansprache: "Wir wollen gemeinsam unterwegs sein, den Frieden und die Gerechtigkeit ohne Furcht suchen. Wir wollen gemeinsam als Missionare unterwegs sein." Damit hat er zwei Aspekte seines Pontifikats in den Mittelpunkt gestellt, die auch schon in seinem Namen stecken.
Vom
Medienreferat der Österreichischen Bischofskonferenz, Wien, 8.5.2025
heißt es: „Die katholische Kirche hat wieder einen Papst. Am
zweiten Tag des Konklaves wählten die Kardinäle am
Donnerstagnachmittag im vierten Wahlgang den Kardinal Robert Prevost
an die Spitze der katholischen Weltkirche. Der 267. Papst der
Kirchengeschichte nahm den Namen Leo XIV. an. Er ist Nachfolger des
am 21. April verstorbenen Papst Franziskus, der die Kirche zwölf
Jahre lang geleitet hatte.
Der 69-jährige Prevost ist der
erste US-Amerikaner als Papst. Prevost leitete zuletzt die
Vatikanbehörde für Bischöfe, quasi die Personalabteilung der
katholischen Weltkirche. Von 2002 bis 2013 war er Generalprior, also
weltweiter Leiter des Augustinerordens. Danach leitete er die Diözese
Chiclayo in Peru, war zweiter Vizepräsident der Peruanischen
Bischofskonferenz bevor ihn Papst Franziskus 2023 an die Kurie im
Vatikan holte.“
In der Namenswahl der Päpste stecken Details, die man heute gemeinhin nicht bedenkt. Darum hier ein paar – nicht erschöpfende - Gedanken zu dem Namen im Zusammenhang mit dem Pontifikat seines Vorgängers Franziskus.
Der erste Papst dieses Namens bekam auch gleich den Zusatz der Große. Normalerweise muss ein Papst dafür nicht nur fromm, sondern auch klug und in weltlichen Dingen so bewandert sein, dass er gute, neue und wichtige Entwicklungen auch in trockene Tücher bringt. Leo der Große regierte die Kirche von 440 bis zu seinem Tode 461. Das war eine Zeit, in der das römische Klimaoptimum schon lange vergangen war und die größere Kälte im Norden die Germanenstämme in Bewegung gebracht hatte und vom Osten her die Hunnen unter Attila Europa kriegerisch überschwemmten. Westrom befand sich in einer schwierigen Phase, da die staatliche Macht immer mehr erodierte und die Kirche notgedrungen und - zuerst ungewollt - immer mehr auch staatliche Ordnungsaufgaben übernahm. Berühmt ist der Zug Leos nach Mantua, wo er Attila 452 dazu bewegte, Rom zu verschonen. So erhielt er Rom erst einmal Frieden. Auch drei Jahre später beim Vandaleneinfall konnte er zumindest Gewalt mindernd auf Geiserich einwirken.
Wichtig waren auch seine Impulse zum größten Kirchentreffen der damaligen Zeit in Chalkedon (heute ein Stadtteil im asiatischen Teil Istanbuls). Dort entstand das große Glaubensbekenntnis als Präzisierung in Bezug auf Streitfragen im christlichen Glauben.
Ich kann und will nun nicht alle Leos durchnehmen, sondern nur den ersten und den letzten Vorgänger erwähnen, weil ich glaube, dass das schon für einen Überblick genügt.
Leo XIII (Papst von 1878 bis 1903) war der erste Papst, der mit Enzykliken (Rundschreiben, Lehrschreiben) regierte. Der „Arbeiterpapst“ schrieb 1891 die erste Sozialenzyklika überhaupt „Rerum novarum“, mit der die Kirche spät, aber profund, auf die gewaltigen Umbrüche des 19. Jahrhunderts reagierte, die die Fundamente von Staaten und Gesellschaften Europas gefährdeten. Die industrielle Revolution und der Zerfall der Ständeordnung, die Enteignung der Klöster im Gefolge (Armenvorsorge im katholischen Gebiet des deutschen Staatenbundes) der Napoleonischen Kriege sowie zwei Hungersnöte führte zur Verelendung großer Teile der Bevölkerung, die als billige Arbeitskräfte ohne Rechte, in die Städte strömten oder als Wirtschaftsflüchtlinge vor allem nach Amerika auswandern mussten. Leo XIII sieht die liberale Marktwirtschaft als gescheitert an, wendet sich aber auch gegen die sozialistischen und später kommunistischen Ideologien der damaligen Zeit. Er entwickelte einen Gegenentwurf aufgrund der Würde des Menschen und der Familie als ältester Institution. Das wurde zum Kern der katholischen Soziallehre. Der Staat müsse gerechte Rahmenbedingungen schaffen, die das Eigentum wahren, aber auch die Ausbeutung der Arbeiter – und hier vor allem der Frauen und Kinder – begrenzen und die Familie schützen - auch gegen sozialistische Ideen -, den Eltern die Erziehungsrechte für die eigenen Kinder zu nehmen. Der neugewählte Papst sagte u.a. auch, dass ähnlich wie Leo XIII auf die Soziale Frage während der ersten industriellen Revolution reagiert habe, er selber auch die Notwendigkeit sähe, auf die heute Soziale Frage zu reagieren angesichts der jetztigen Industriellen Revolution, wo durch KI, Industrie 4.0, Vereinsamung etc so vieles auch sozial im Umbruch ist und die Menschenwürde auf dem Spiel stehe; darauf müsse Kirche darauf reagieren.
Auch spirituell setzte er Impulse, die heute aber nicht mehr so vielen bekannt sind. Er schrieb das Erzengel Michael Gebet, aufgrund einer Vision, in der er nach einer Messe sah, wie dem Teufel erlaubt wurde, ein Jahrhundert lang zu wüten und den Glauben der Kirche zu prüfen. Der Teufel wählte das 20. Jahrhundert. Dieses Gebet wurde im Anschluss an jede Messe bis zur Liturgiereform gebetet. Diese Version der Vision ist allerdings mit Vorsicht zu genießen - der Papst hielt sich bedeckt, sie ganz öffentlich zu machen.
So könnte also neben der Friedensbotschaft (schon von Leo dem Großen her), auch der Impuls von Franziskus, sich um die Armen zu kümmern, in einer mehr institutionellen Weise, eine Rolle spielen. Um aber dem Ganzen wieder einen Boden zu bereiten, dürfte diesem Papst auch die Erneuerung des Glaubens ein sehr großes Anliegen sein, womit er auch in der Linie von Franziskus stünde. Das alles aber versteht er sicher im Sinne des Spruchs des Augustinus, also nicht von oben her, sondern synodal und in aller Freiheit.
P. Adrian Kunert SJ
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