Dienstag, 15. April 2025

Karwoche: Überwindung der Angst

Das Gegenteil von Angst überwindet den Tod – Vertrauen auf Gott

Wenn ich an meine DDR-Vergangenheit zurückdenke, bin ich ganz froh über eine Erfahrung, die viele andere zwar auch machen, aber oft verstecken. Diese Erfahrungen hängen zusammen mit der Staatssicherheit kurz Stasi. Die Art nämlich, wie dieser Geheimdienst handelte, kennt man auch von anderen bösen Systemen wie der Mafia. Das Grundprinzip ist das Leben aus Angst und Schweigen von unserer Verstrickung in das Böse. Mit verschiedenen Methoden versuchte die Stasi Mitarbeiter zu rekrutieren. Alles von einfachen finanziellen Vorteilen, über Schmeichelein bis hin zu Erpressung, psychischer Zerstörung und offener Gewalt wurde eingesetzt; gut war, was Erfolg brachte. Bei der Überwachung gab es „dämliche“ Methoden, die man mitbekam, ja mitbekommen sollte als Teil der Einschüchterung, aber auch Methoden, die man nicht mal ahnte, z.B. Spitzel, die ihre Zielpersonen sogar heirateten. Alles nur, damit man tat, was sie wollten, bzw nicht tat, was der Staat nicht wollte. Über Kontaktaufnahmen durfte man per Gesetz nicht reden, man war – um eine religiöse Sprache zu verwenden – vereinsamter Sklave der Sünde, deren Kraftquelle die Angst war; Angst einen sinnlosen Tod zu sterben, Angst im Leben zu kurz zu kommen, Angst allein zu bleiben, nicht gesehen zu werden... und Angst hatte auch die Jünger Jesu lange angetrieben. Aber eben auch etwas anderes, eine Anziehung, die sie sich lange nicht richtig erklären konnten.

Jesus verkündete das Reich Gottes; und das ist nichts geographisches. Er lebte ein Leben, in dem Er sich nicht von der Angst vorschreiben ließ, was er zu tun und zu lassen habe. Er tat dies aus einem tiefen Vertrauen heraus, das Er in Seinen himmlischen Vater hatte. Den Kern dieses Glaubens feiern wir zu Ostern. Ähnlich wie im Pessachmahl, wo Israel seine Befreiung aus der Sklaverei Ägyptens erneuert, feiert Jesus mit Seinen Jüngern Abendmahl (Gründonnerstag), um einen neuen Bund einzusetzen, der mit Seinem Blut am Kreuz besiegelt (Karfreitag) und durch die Auferstehung (Ostersonntag) vom Vater im Himmel beglaubigt wurde. Jesus zeigt, wie man Gott so sehr kennen und lieben lernen kann, wie es Jesus uns selber vorgelebt hat. Durch dieses Vertrauen werden auch wir fähig und empfangen die Kraft, um das vor-sich-hin-Vegetieren aus unseren Ängsten heraus zu überwinden, das uns in Sklaverei hält und innerlich sterben lässt. Statt aus Scham über unsere Ängste zu schweigen und dadurch langsam innerlich zu sterben, können wir dann – durch Jesu Auferstehung befreit – darüber reden und miteinander aufleben. Glaube und Vertrauen sind die wahren Gegenspieler der Angst.

Im Namen der Seelsorge
wünsche ich Ihnen eine
gesegnete Kar- und Osterzeit

P. Adrian Kunert SJ

Bild von Ben Kerckx auf Pixabay

Warum das Bild zu diesem Artikel? Psalm 23

Mittwoch, 9. April 2025

Buße oder: Nutzen Sie Gebrauchsanweisungen?

Die schwerste Art der Fortbewegung ist das In-sich-Gehen (Karl Rahner)

In einer Autowerkstatt. „Haben Sie denn die Lampen nicht gesehen?! Das muss doch fast wie in der Disco geleuchtet haben: Ölstand, Tankfüllstand; dann das eigenartige Quietschen der Bremsen…“ „Ach ich dachte mir, das war so ein schöner Ausflug… den lasse ich mir doch nicht von so ein paar blinkenden Lampen versauen. Ich mache immer, was ich jetzt gerade machen will…“ „Naja, der Motor ist hinüber; und das Fahren mit nicht mehr vorhandenen Bremsbelegen war auch keine glorreiche Idee… Genau deswegen bekommen Sie so keine Plakette.“ „Was ist denn das für eine unterdrückerische Sprache!“

Dienstag, 11. März 2025

Vergebung oder vom Entgiften der Seele

 

Mittwoch der ersten Fastenwoche

Ich gehörte in der Schulzeit zu denjenigen, die beim Fußball immer zuletzt ausgesucht wurden, und das wohl zurecht, wenn ich auf meine fußballerischen Fähigkeiten sah. Gleichwohl machte das was mit mir. (Ich bin trotzdem kein Fan davon, solche Spiele zu verbieten). Eine Zeitlang wurde ich gemobbt, wie man heute sagt, auch wenn das nicht so oft vorkam; es hinterließ Spuren in der Seele. Es gibt nun sicher Menschen, die wirkliche Probleme schon seit ihrer Kindheit hatten. Das alles hinterlässt Spuren in der Seele; manchmal sogar Wunden, die scheinbar nie heilen und immer zu gegebener unpassender Zeit ihr Gift in das Leben heute abgeben. Als Erwachsener „scheint man da oft drüber hinweg“, bis man merkt, dass es einen manchmal immer noch überkommt, wie man damals doch hätte anderes reagieren können. Gerade auch den Groll weiter im Herzen zu hegen, ist keine gute Option damit umzugehen. Erstens entlastet es einen nicht und zweitens macht es auch nichts mit dem/den Schuldigen von damals. Ich aber bleibe das Opfer.

Donnerstag, 27. Februar 2025

Aschermittwoch – einmal eine positive Form des Burn Out

Obwohl die Fastenzeit in diesem Jahr sehr spät beginnt, habe ich den Eindruck: Boah, jetzt schon?! Es ist halt schon wieder so viel geschehen in diesem Jahr. Und alles löst auch Sorgen, Freuden oder Zerstreuungen aus, so dass man das Wichtige leicht aus dem Blick verliert.

Ein zentraler Ritus des Aschermittwochs ist das Aschekreuz. Die Asche wurde gewonnen aus den verbrannten Zweigen des Palmsonntags, mit denen wir Jesus nach Jerusalem begleitet haben. Sie sind Symbol für die Freude und den Jubel gegenüber Jesus, der als Davidssohn in Sein Eigentum kommt und von den Menschen als „König“ bejubelt wird. Dabei hat jeder Jubler andere Vorstellungen davon, was dieser Gesalbte (= Christus) zu tun hätte für ganz Israel, aber eben auch für

Freitag, 24. Januar 2025

Darstellung des Herrn

In einer mittelalterlichen, ostkirchlichen Legende heißt es, dass der greise Simeon bei den Übersetzern der Hebräischen Bibel ins Griechische dabei gewesen sei, die man später die Septuaginta nennt. Sie ist die Bibel, die von den jüdischen Gemeinden außerhalb Judäas und Galiläas genutzt wurde, da auch damals spätestens in der zweiten Generation die Schrift und Sprache des Herkunftslandes beginnt abzunehmen. Und große jüdische Gemeinden bildeten sich nach der Zerstörung des salomonischen Tempels überall in Mesopotamien und später im Gefolge der Alexanderfeldzüge auch rund um das Mittelmeer zuerst im (bald) griechisch sprechenden Bereich und dann weiter natürlich in römischer Zeit. Im ägyptischen Alexandria nun wurde diese Bibel im dritten Jahrhundert vor Christus von Gelehrten auf Befehl und mit Finanzierung der Ptolemäer (damalige und letzte Pharaonendynastie) erstellt.

Simeon war mit der Übersetzung des Buches Jesaja betraut und er war es auch, der vom Heiligen Geist erfüllt die Verheißung in Jesaja 7,14 aus dem 8. Jahrhundert vor Christus übersetzte. Dort heißt es: „Darum wird der Herr selbst euch ein Zeichen geben: Siehe, die [Alma] wird schwanger werden und einen Sohn gebären und wird seinen Namen Immanuel (=Gott mit uns) nennen.“ Das hebräische Wort Alma kann heißen „Mädchen, Jungfrau, junge Frau“ alle drei aber im gebärfähigen Alter. Der Heilige Geist flößte Simeon ein, er solle übersetzen „Jungfrau“ und hat damit diese Stelle sehr stark prophetisch/messianisch gefärbt. Der Legende nach war Simeon deswegen unruhig. Deshalb habe ihm der Heilige Geist gesagt, er „werde den Tod nicht schauen bis er das verheißene Kind gesehen habe“ (Lukas 2,26). Dieser Simeon (jetzt im stattlichen Alter von 278 Jahren) wäre es nun gewesen, der Maria und Josef mit dem Jesusknaben im Tempel in Empfang genommen habe. (Spannend wie über eine Namensgleichheit im Mittelalter eine Identifikation der beiden Simeon stattgefunden hat.)

Wenn Sie unsere Kapelle im Alexianer Sankt Gertrauden-Krankenhaus jetzt besuchen, sind die Bäume mit dem Sternenhimmel sowie die Krippe schon verschwunden. Liturgisch schlossen früher erst „Reinigung Mariae“ und der Darstellung des Jesusknaben im Tempel den alten Weihnachtskreis ab, 40 (7+33)Tage nach Weihnachten (Leviticus 12,2-4). Bis dann standen auch die Krippe und die Weihnachtsdeko in den Häusern und Kirchen. Das Fest Darstellung (in der Orthodoxie: Begegnung) des Herrn bezieht sich auf die Bibelstelle Lukas 2,22-40 und geht auf das vierte Jahrhundert zurück. Ab dem 5. Jahrhundert begleiteten Mönche mit Kerzen eine Prozession im Gedenken daran nach Jerusalem. So eine Prozession findet bis heute statt. Wenn Sie am 2. Februar in unsere Kapelle kommen, werden Sie nach der Segnung der Kerzen, die für das kommende Jahr gebraucht werden, auch diese Prozession erleben. Wir segnen hier die Kerzen im Türbereich und ziehen dann damit zum Altar vor. So begleiten wir mit Kerzen Jesus zum Tempel, wo Er von Maria und Josef dem Vater im Himmel dargestellt wird bzw. Seinem Volk des Alten Bundes in Hanna und Simeon begegnet.

gesegnete Zeit im Jahreskreis

P. Adrian Kunert SJ

Donnerstag, 2. Januar 2025

Segen über diesem neuen Jahr

Am Oktavtag (achter Tag) nach Weihnachten beginnt das bürgerliche neue Jahr. Und die erste Lesung der Marienmesse ist der Aaronitische Segen; was für eine Weisheit. Was ist aber ein Segen?

Vielleicht haben sie schon mal von jemandem gehört, dass schlecht über ihn gesprochen worden ist. Wie das dazu führen kann, dass es sich anfühlt, als würde einem die Luft abgeschnürt, sobald man mit Menschen zusammen kommt, die so etwas tun.

Auf der anderen Seite kennen Sie das vielleicht auch, dass man aufblüht, sobald gut über jemanden, besser noch zu jemandem geredet wird. „Gut reden“, „bene-dicere“ ist das Wort auf Latein für „segnen“.

Am Beginn der ersten Messe im neuen Jahr spricht also Gott Seinen Segen über uns aus, damit wir im Raum diesen neuen Jahres aufblühen können.

In diesen Tagen ziehen auch wieder die Heiligen Drei Könige segnend zu den Häusern und erneuern den Segensspruch über den Türen:

20 * C + M + B + 25

Das bedeutet: Christus Mansionem Benedicat (Christus segne dieses Haus) und alle, die da ein und aus gehen.

Und zum Schluss nochmal den Segen für das Jahr. Wo „HERR“ steht, findet man im Hebräischen den Gottesnamen, der übertragen meint: „Ich bin da“ oder „Ich BIN“, ich schaffe Dir Raum:

Buch Numeri (4 Mose) Kapitel 6
24 Der HERR segne dich und behüte dich. 
25 Der HERR lasse sein Angesicht über dich leuchten und sei dir gnädig. 
26 Der HERR wende sein Angesicht dir zu und schenke dir Frieden.

Ich wünsche ich Euch
ein gesegnetes Restjahr ;)

P. Adrian Kunert SJ

Mittwoch, 18. Dezember 2024

Vierter Advent -- Wo ist Gott denn nun!?

 

Von Martin Buber mag ich am meisten die „Die Erzählungen der Chassidim“. In kleinen Geschichten dieser jüdischen Erneuerungsbewegung aus Ostpolen und der Ukraine werden tiefe bis sehr tiefe Antworten gegeben auf menschliche Fragen angesichts von Chaos und Leid in der Welt. Das geschieht meist anlässlich einer Bibelstelle, die einem der Jünger eines Rabbis (hier meist Zaddiq genannt) dunkel erschien. In der folgenden Begebenheit wird nun sehr gut auf den Punkt gebracht, warum wir wie auf Gott warten und was sich dann ändert, warum es sich also lohnt innerlich zu warten und sich zu bereiten, wenn es auch oft scheint, als behielte um uns die Finsternis die Oberhand.

Der Zaddiq (hier: der Leiter der Gemeinschaft) wurde von einem seiner Frommen gefragt, warum es in der Schrift manchmal heiße: Gott wohne hier oder dort, wenn er doch als Gott überall ist? Der Zaddiq antwortete: Gott ist in der Tat überall; aber er wohnt nur da, wo man ihn einlässt.

Schauen wir mal, ob wir in uns ein Eckchen sehen, wo wir Gott nicht nur entdecken, weil Er da ist, sondern wo wir dann auch mit Ihm zusammen wohnen können.

  Liebe Grüße und
   Gottes Segen
   P. Adrian Kunert SJ

Bild: Pixabay.de von wal 172619