Donnerstag, 25. Mai 2023

Die Spur des Aufatmens

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay 

Wenn ich behauptete, 50% der in Deutschland Lebenden wüssten nicht, was wir zu Pfingsten feiern und warum sogar noch der Pfingstmontag frei ist, der selbst im Vatikan nicht eigens frei ist, läge ich eher noch auf der zu positiven Seite. Damit offenbart sich meines Erachtens auch der tiefste Grund der Kirchenkrise von heute und eigentlich von immer, wenn es eine Krise in der Kirche gab.

Also das Positive vorweg: Wir feiern Geburtstag. Also herzlichen Glückwunsch.
Doch was genau ist geschehen?

Nach der Auferstehung ist Jesus Seinen Jüngern noch oft erschienen vierzig Tage hindurch. Diese vierzig Tage sollen anzeigen, dass diese Art der Erscheinung des Auferstandenen vor denen, die Ihn auch in Seinem irdischen Leben kannten, nun endgültig zuende ist. Der auferstandene Gott-Mensch Jesus sitzt nun zur Rechten des Vaters erhöht und eins mit Ihm. Am Ende dieser gemeinsamen Zeit gab Jesus Seinen Jüngern diesen letzten Auftrag: Geht zurück nach Jerusalem und bleibt dort. Betet um die Kraft aus der Höhe bis etwas geschieht (vgl. Apg 1,4-14). Und die verschiedenen Gruppen der Jesusnachfolger versammelten sich dort, der Elferkreis, die Unterstützergruppe der Frauen mit Maria, der Mutter, sowie die Verwandten Jesus, die nun an ihn glaubten.

Was geschieht in diesen Tagen des Betens und Beisammenseins des Jüngerkreises bevor der Heilige Geist gesandt wird? Der Jüngerkreis, die Frauen mitsamt Maria, und Jesu Verwandte bilden verschiedene Gruppen und hatten nicht immer zusammengearbeitet. Manchmal standen sie sogar gegeneinander. Doch nun sind sie versammelt durch das Wort Jesu. Und dann passiert es, während sie beten: Der Heilige Geist kommt und dadurch wird die Kirche geboren (siehe Apg 2,1-13).

Man könnte jetzt vieles dazu schreiben, weil alles sich daraus entwickelt hat. Ich möchte aber nur einem nachgehen: der Spur des Aufatmens.

Da, wo der Heilige Geist wirkt, formt Er aus Fraktionen eine Gemeinschaft. Da, wo der Heilige Geist eintritt, vertreibt Er die Angst und schafft innere und äußere Weite (Apg 2,1-13). Da, wo Er wirkt, überwindet Er Sprachlosigkeit und schenkt alle Gaben und Werkzeuge, die wir brauchen, um Kirche zu bauen. Er lässt Institutionen (Familien, Jüngerkreis...) zusammenrücken (Ez 37,1-14) und schafft den Leib Christi immer wieder neu auch hier in dieser Zeit. Wo man Ihn nicht einlädt, zerbricht der irdische Teil des Leibes wieder in verschiedene Institutionen und Grüppchen. Es reicht also nicht aus, getauft zu sein, man muss den Geist auch täglich bitten, in uns zu atmen, uns immer wieder neu zu verbinden; z.B. im Gebet und durch Werke der Nächstenliebe.

Wenn wir also heute fragen wollen, wozu der Geist uns lockt, dann müssen wir dieser Spur der inneren und äußeren Freisetzung zur Liebe folgen; darauf achten, wo wir die Räume entdecken, wo wir aufatmen und neu werden können. Diesen Geist haben wir nur, wenn Er uns haben darf – ER ist wie unser Atem. Im Atmen, im Trauen ist Er erfahrbar und mächtig. Wo wir Ihn festnageln und in unsere Boxen einsperren wollen, ist Er weg; denn Er weht, wo Er will.

Ich wünsche Euch und Ihnen allen ein
gesegnetes Pfingstfest

P. Adrian Kunert SJ

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