Samstag, 27. Dezember 2025

Trinkt die Liebe des heiligen Johannes

Falls Sie demnächst einen Kumpel besuchen, der auf einem Planeten wohnt, der ALUDRA (ɳ) [7h24m -29°18'] im Sternbild „Großer Hund“ umkreist und der ein sehr, sehr, sehr, sehr gutes Teleskop hätte und Sie die Erde ins Visier nähmen, könnten Sie nachsehen, was Jesus gerade macht; denn Aludra ist ca. 2000 Lichtjahre von der Erde entfernt. Sie müssten da natürlich ganz genau hinschauen, denn auch wenn das immer noch unsere kosmische Nachbarschaft ist, ist das doch alles recht klein, was man da sähe. Und weil das Licht 2000 Jahre dahin unterwegs war, würde man erst jetzt sehen können, was weiland alles hier auf Erden so passiert ist. Und Ton hätten sie auch keinen.

Menschliche Technik ist bislang noch nicht mal in der Lage, sich die Planeten anzusehen, die um Proxima Centauri kreisen; und das sind nur gut vier Lichtjahre. Gott sei Dank aber brauchen wir das auch nicht, um in Jesu Leben zu schauen; denn wir haben Augen- und Ohrenzeugen, die uns darüber berichten. Am 27. Dezember feiern wir einen dieser Zeugen, den Evangelisten Johannes. Über sich sagt er in seinem Evangelium immer nur „der Jünger, den Jesus liebte“. Johannes ist wohl der Jüngste des Zwölferkreises. Darum wird er in der Kunst sehr oft bartlos dargestellt. Das Johannesevangelium ist in mehrfacher Hinsicht faszinierend. Zum einen scheint es, dass Johannes die beste Orts- und Zeitkenntnis unter den Evangelisten hatte, zum anderen aber hat er von den vielen Begebenheiten aus Jesu Leben nur bestimmte ausgesucht und angeordnet, um sie erläuternd zu erzählen. „Wunder“ heißen bei ihm konsequent „Zeichen“. In seinen Briefen taucht das einzige Mal in der ganzen Bibel die wunderbare Wesenszusammenfassung Gottes auf: Gott ist Liebe (1 Joh 4,16).

Das Fest des Evangelisten Johannes so kurz nach Weihnachten finde ich persönlich sehr schön: Öfters hört man ihn in seinem Evangelium sagen: Komm und sieh! Oder Kommt und seht! Mal sagt das Jesus, mal sagen das seine Jünger. Sich nicht nur aufs Hörensagen verlassen, sondern in die „selige Schau“ (visio beatifica) unseres Heils sollen wir nicht erst nach unserem Tode kommen. Da ist es schön, wenn es um dieses Fest noch einen kleinen Brauch gibt. Wir segnen Wein und verteilen ihn im Anschluss an den Gottesdienst mit den Worten: Kommt und trinkt die Liebe des heiligen Johannes.

Ich wünsche Ihnen im Nachgang des Weihnachtsfestes, inmitten der Weihnachtszeit, dass sie noch sehr dieses heilige Geschehen verkosten und verschmecken können. Seien wir froh, dass wir nicht auf gute Teleskope angewiesen sind, um Jesus zu sehen; denn wir haben ja Kunde von dem, der beim Abendmahl am Herzen des Sohnes lag.

P. Adrian Kunert SJ

Bild ist entnommen: https://de.wikipedia.org/wiki/Aludra 

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