Mittwoch, 14. August 2024

Der Zweite Weltkrieg – Unbequemes, Heroisches und P. Maximilian Maria Kolbe OFMConv

Am 1. September 1939 überfiel das Nationalsozialistische Deutschland Polen ohne Kriegserklärung. Etwas später als von den Deutschen erwartet, nämlich erst am 17. September 1939, rückte Stalins Rote Armee in Polen ein, wie im geheimen Zusatzprotokoll des Hitler-Stalin-Paktes vom 23. August 1939 vereinbart, und sicherte sich die Ostseite Polens. Damit stürzte Deutschland die Welt in eine bisher nie dagewesene Katastrophe. Solche Erinnerungstermine wie heute sind kein Selbstzweck;  man kann viel daraus lernen. Was wäre das zum Beispiel heute? Zumal Unsägliches gerade heute wieder weltweit im Vormarsch scheint.

Die Katastrophe begann nicht erst am 1.9.1939, sondern hatte ein Vorspiel. Im Versailler Vertrag wurde die Schuld am Ersten Weltkrieg mehr oder minder nur auf Deutschland geschoben und gewaltige Reparationen eingefordert. Der erste Versuch einer Demokratie auf deutschem Boden hatte so einen ersten großen Hemmschuh äußerlicher Art an. Auch intern hatte die Demokratie nur wenige laute Freunde. Die Kirchen hatten sich schon europaweit bei der Verhinderung der Katastrophe des Ersten Weltkriegs nicht gerade mit Ruhm bekleckert und standen auch jetzt nicht auf der Seite der demokratischen Kräfte. Antijüdische Ressentiments wurden sowieso in ganz Europa gepflegt. Und der Sozialdarwinismus spukte schon allenthalben in den Köpfen der Menschen umher. Als dann noch eine Weltwirtschaftskrise mit Hyperinflation weite Teile der Bevölkerung ins Elend stieß, war der Boden bereitet für rote und braune Menschen mit klaren Schuldzuweisungen und einfachen Lösungen.

Bedenkt man die schwierige Ausgangslage, hatten die Demokraten jedoch einiges erreicht. Leider fielen fast alle Früchte ihrer Arbeit den Nationalsozialisten in den Schoß. Die Arbeitslosigkeit ging zurück, und scheinbar erarbeitete man sich gerade wieder so etwas wie eine kleine Normalität mit bescheidenem Wohlstand. Das Verhältnis des Staates mit der katholischen Kirche war ausgearbeitet, und das Konkordat musste nur noch unterschrieben werden. Die Alliierten des Ersten Weltkriegs merkten, dass man es mit den Reparationszahlungen und auch den anschließenden Demütigungen Deutschlands wie mit der Besetzung des Rheinlands wohl etwas zu weit getrieben hatte. All das und die ein oder andere Verschwörungserzählung (Dolchstoßlegende) ließ auch in Deutschland viele Menschen nicht sehen wollen, wer oder was da gerade dabei war, die Weichen zu stellen für das Böse. Hitler wirkte auf viele wie ein Macher.

So waren die Stimmen in den Krisen nicht laut genug, die sich um Vernunft mühten bzw. hatten zu wenig Unterstützer. Der Sündenbockmechanismus, der immer wieder mal dieser oder jener Minderheit eine Schuld an allen Schwierigkeiten andichtete, wurde jetzt nicht ernst genug genommen und aufgedeckt, sodass er seine Macht hätte einbüßen können. Es gab zu viele Mitläufer, die schwiegen, als wieder Mal „die Juden“ für alles herhalten mussten, was in der Vergangenheit schief gelaufen war. Die Vernünftigen wollten keinen Ärger und hielten sich über die Gebühr zurück. Doch wie so oft, wenn man dem Bösen nicht zu Beginn widersteht, wo es vielleicht nur unbequem wäre – im Privaten wie im Öffentlichen – dann wird es Helden brauchen, um menschlich zu bleiben.

Gestern (14. August) haben wir P. Maximilian Maria Kolbe OFMConv gefeiert. Er war noch geboren worden, als Polen unter zaristischer Herrschaft stand. Nach dem Überfall der Deutschen war er im Widerstand tätig und wurde 1941 verhaftet, weil er sich für jüdische und Ukrainisch-Katholische Menschen eingesetzt hatte, und nach Auschwitz gebracht. Als man für einen „Geflohenen“ zehn andere in den Hungerbunker stecken wollte, war darunter auch ein polnischer Vater, der aufschrie und um sich und seine Familie klagte. P. Kolbe trat vor und bat, an seiner Stelle in den Hungerbunker zu dürfen. Dem wurde statt gegeben. Er tröstete dort die, die mit ihm hier auf den Tod warteten, betete und sang mit ihnen. Sie wurden am 31. Juli 1941 eingesperrt. Als drei der zehn Männer wieder alle Erfahrung am 14. August immer noch lebten, wurden sie mit einer Phenolspritze getötet.

„Unglücklich das Land, das Helden braucht“, sagt Galileo (Brecht) auf den Vorwurf der Feigheit vor dem Inquisitionsgericht. Ich glaube, das ist ein Satz, der immer wieder gilt. Wenn es in einem Land Heldenmut braucht, um das Menschliche zu tun, ist vorher schon zu viel falsch gelaufen. Wir leben auch in Zeiten, wo sich viel entscheidet. Es braucht wieder neu Menschen, die unterscheiden können, um dann entschieden zu leben.

P. Adrian Kunert SJ

Image by ANDRI TEGAR MAHARDIKA from Pixabay

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