Tod und Leben, die
kämpften unbegreiflichen Zweikampf;
des Lebens Fürst, der starb, herrscht nun lebend.
(aus der Ostersequenz)
Ich weiß nicht, ob Sie das auch schon mal beobachtet habt: Da schaltet man morgens das Licht im dunklen Zimmer an und die Strahlen der Lampe fangen an mit der Finsternis zu kämpfen, nach und nach gewinnt das Licht die Oberhand und nach zwei, drei Dutzend Minuten hat das Licht endlich soweit gewonnen, dass man es wagen kann, den ersten Fuss unter der Decke nach draußen zu strecken.
Wie Sie gemerkt haben, findet „dieser lange“ Zweikampf nicht in der Wirklichkeit statt, sondern im wahrsten Sinne des Wortes nur im „Auge des Betrachters“, dessen Augenlider von den Mikro-Schwarzen-Löchern unter der Bettdecke immer wieder nach unten gezogen werden.
Wer aber im Dunkeln sitzt, ohne dass er einen Schalter in Reichweite hat, findet das wahrscheinlich nicht so lustig – vor allem, wenn diese Dunkelheit sich im eigenen Leben ausgebreitet hat. Bei den Menschen in der Ukraine, im Jemen, in Syrien, Libyen, in den Gebieten der Sahelzone und noch an so vielen anderen Orten ist das zur Zeit der Fall. Dunkelheit und Tod scheinen überall auf dem Vormarsch zu sein... und das Licht ist nicht in Sicht. Es scheint sogar die einzige Realität zu sein.
So ging das auch dem Jüngerkreis um Jesus. Nach all den tollen Erlebnissen, dem gigantischen Einzug in Jerusalem, war innerhalb kürzester Zeit auf einmal eine bedrückende Stimmung da. Alles steuerte offen auf die Katastrophe zu, die außer Jesus keiner wahrnehmen wollte.
Und Jesus? Der feiert erst einmal. Warum? In der jüdisch-christlichen Tradition erschließen Feiern dunkle Erfahrungen und Zusammenhänge von Unterdrückung und Befreiung. So wird auch diese Feier erst durch Jesu Auferstehung als Sakrament verstehbar. Und so war das auch schon mit der Befreiung Israel aus Ägypten. Rituell wird auch heute noch in Israel gefeiert, als würde dieser Auszug unmittelbar bevor stehen. Denn das ist das Besondere an jüdisch-christlichem Erinnern: Du sollst daran denken, als wärest du selber dabei gewesen, „als ich euch herausgeführt habe aus Ägypten“, auch wenn das mittlerweile 3300 Jahre her ist – bis du selbst dabei bist. Genauso feiern wir jedes Abendmahl als Vergegenwärtigung desselben Abendmahls Jesu. Das nimmt die Erfahrungen auf, dass die Christen mit Tod und Auferstehung bis Ostern machten. Es ist keine Wiederholung. Die Befreiung zu feiern, wenn die Not noch andauert, das Licht des Lebens zu feiern, wenn die tiefste Nacht noch alles verschlungen hält, das nennt man „Glaube“. Es ist nur unser Blinzeln, was diesen Sieg des Lichts in unserem Leben, was das Ende dieser Nacht des Todes und der Angst verzögert.
Gemeinsam geteilte (to
share) Feste, gemeinsame Texte, wie die der Kar- (Kara ahd: klagen, trauern)
und Osterwoche, sind darum sowas wie Augenöffner: Man kann also diese Form von
Kar-sharing durchaus einen alten Osterbrauch nennen. :)
Ihnen allen wünsche ich
eine gesegnete Kar- und Osterzeit
P. Adrian Kunert SJ
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