Donnerstag, 24. März 2016

Ostern, das unverrückbare Fundament

Ostern (Pascha/Pessach) ist in Israel ursprünglich ein Frühlingsfest. Neues Leben bricht überall auf. Alles wird scheinbar gut. Was hilft mir aber schönes Wetter, wenn ich im Krankenhaus immer schwerer atmen kann – physisch als Patient oder im übertragenen Sinn, weil die Arbeitsverdichtung unerträglich erscheint? Findet Ostern auch statt, wenn ich nicht geheilt werde, wenn keine Therapie mehr greift und maximal noch palliativ etwas getan werden kann? Was, wenn selbst die Krankensalbung das Leid nicht verringert und ich am Ende gar sterbe – real oder im übertragenen Sinn? Was kann da der Glaube von "Ostern" sagen?

Leid ist nicht gottgewollt. Trotzdem kommt es vor. Ist Gott nicht mächtig genug, es zu verhindern, oder nicht gut genug, es nicht zu wollen? Gottes Antwort ist Jesus. Das Leid gibt es nicht. Es gibt Leiden, an der Endlichkeit, am Freiheitsmissbrauch und so weiter. Jesus, vom Vater gesandt, folgte Seinem Weg auch durch Leiden hindurch. Von einem aus Seinem engsten Mitarbeiterkreis wurde Er verraten. Fromme forderten Seinen Tod wegen des Gesetzes. Heiden quälten und töteten Ihn zum Spaß. Seine Freunde verließen Ihn aus Angst. Einsam und gottverlassen starb Er am Kreuz. Wozu lässt Gott mich so leiden? fragt Jesus selber (Mt 26,46) mit den Worten von Psalm 22,2.

Das Entscheidende, was hier geschieht ist: auch in allem Leid, bleibt Jesus in Seinem Vertrauen auf den Vater, den Er am Kreuz nicht mehr spüren, nicht mehr sehen kann. Jesus wendet Sein Gefühl in Gebet. Er bleibt in der Haltung des Vertrauens und übergibt am Ende den Geist Seinem Vater; so stirbt Jesus am Kreuz. Hatten die gottwidrigen Mächte gesiegt? Wie konnte Gott Seinen Sohn so im Stich lassen!? Hatte Jesus sich getäuscht mit Seinem Vertrauen? Am Kreuz endete auch Seine Endlichkeit und damit auch meine. Aber ist nicht auch das sinnlos?

Zuerst schien es so. Seine Jünger verbargen sich aus Angst, ihnen würde das Gleiche drohen. Aber sie machten am dritten Tag eine gewaltige Erfahrung. Dieser Getötete lebte. Nicht seine Seele, nicht seine Sache, nicht seine Ideen lebten fort, sondern Jesus selbst war am Ostersonntag auferstanden und ihnen erschienen in Seinem verklärten Leib mit Seinen Wunden. Gott hatte Jesu Weg mit Macht beglaubigt. Durch Seinen Heiligen Geist formte Er immer neu die Kirche, die diese Botschaft durch die Jahrhunderte weitergab und gibt.

Wenn darum heute Menschen schwer krank sind, damit auch an einer gewissen Form der Endlichkeit leiden, dann wissen Christen, dass für Jesus, der sie liebt, der Tod keine wirkliche Grenze darstellt. Paulus hat diese Erfahrung so auf den Punkt gebracht: Egal ob wir leben oder sterben, wir gehören dem Herrn (vgl Röm 14,8). Das feiern wir Ostern, darauf vertrauen Christen. Die Erscheinung des Auferstandenen vor den Jüngern ist der christliche Urknall. Ohne diese Erfahrung gäbe es weder die Kirche noch das Sankt Gertrauden-Krankenhaus.

Freiheit und Geschöpflichkeit – und damit verbunden das Leiden – bleiben in dieser geschöpflichen Welt und damit auch in der Kirche auf Erden. Aber sie haben nicht mehr das letzte Wort; denn Jesus, der ewig lebt, lässt jeden ewig leben, sobald er auf Ihn vertraut, egal ob der irdische Weg überraschend und kurz oder lang und vorhersehbar verläuft. Für Gott stellt der Tod keine wirkliche Grenze dar.

eine gesegnete Osterzeit

P. Adrian Kunert SJ
(erschienen Mitarbeiterblatt März 2016 im Sankt Gertrauden-Krankenhaus, Berlin)

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